Motorrevision M102 – Teil2

In Teil 1 wurde ja bereits festgestellt, dass der M102 einer gründlichen Revision bedarf. In der Zwischenzeit hat sich dann doch ein bisschen was getan.

Zunächst hat die Suche nach neuen Kolben einige Zeit in Anspruch genommen. Kolben für den M102 Motor sind bei Daimler nicht mehr lieferbar. Da staunt man doch, da es sich beim M102 um einen weit verbreiteten Motor der Baureihen, 123, 124 , 201 und 46x handelt. In den Weiten des Internets fanden sich im Mai 2019 ganze zwei Kolben mit 2. Übermaß von NÜRAL. Der VDH hatte einen Originalkolben von MAHLE mit 2. Übermaß. Durch einen Hinweis kam ein Kontakt zur sehr kompetenten Firma Wahl Spezialkolben zu stande, die sowohl in das Lager von MAHLE schauen können, als auch alte Teilenummernlisten haben, um die richtigen Kolben zu ermitteln. Firma Wahl konnte entweder einen Kolben mit 1. Übermaß oder vier Kolben mit 2. Übermaß liefern.

Die Frage war folglich: Was machen wir jetzt? Zur Erinnerung: Zylinder 1-3 nach wie vor innerhalb der Werkstoleranz, nur Zylinder 4 mit 2 Zehnteln ausgelutscht. ( 1 Übermaß = 5 Zehntel). Entweder alle 4 Zylinder auf das 2. Übermaß bohren, oder nur den 4. Zylinder auf das erste Übermaß bohren? Da scheiden sich nun die Gelehrten: Die reine Lehre sagt: Alle 4 Zylinder bohren und auf gleiches Maß bringen, jedoch um den Preis, das jedes weiteres Bohren damit nicht mehr möglich ist.

Nach gründlicher Überlegung und intensiver Diskussion habe ich mich entschieden, dass nur der 4. Zylinder auf das 1. Übermaß gebohrt wird. Alle 4 Zylinder wurden gehohnt. Der Motoreninstandsetzer ist sich übrigens sicher: Die Ursache für den Defekt des 4. Zylinders ist eine defekte Einspritzdüse und die Folge eine Auswaschung. Die 2 Kolben im 2. Übermaß von NÜRAL habe ich mir mal selbst „an Lager“ gelegt, man weiß ja nie 🙂

Die Teilebeschaffung der ganzen Ersatzteile war wie gewohnt mit Höhen und Tiefen verbunden: Steuerkette und Gleitschienen von INA komplett für 70€, neuer Kühler für 90€, Zylinderkopfschrauben für 2€/Stück, so macht das Spaß 🙂

Probleme gab es vor allem bei der Kurbelwellenlagerung. Von der Fa. Hammer in Berlin konnte ein Reparaturleitfaden zur Verfügung gestellt werden, der nur auf Mikrofichen vorhanden ist. Dort werden für die Kurbelwellenlagerschalen Farbmarkierungen angegeben. Auf den werksseitig verbauten Lagerschalen sind keine solchen vorhanden, diese sind nun auszumessen und je nach Maß zu verwenden. Nicht ganz einfach, hier im Tausendstelmillimieterbereich zu messen. Alle Toleranzgrößen sind jedoch noch lieferbar.

Die Beschaffung der Schrauben für die Kurbelwellenlagerböcke war die nächste Hürde. Es handelt sich dabei um Sechskantschrauben der Dimension M12x70 mit Schaft. Diese sind in späteren Baumustern durch Dehnschrauben mit Innenvielzahn und der Dimension M11x62 ersetzt worden. Nun bestellt man diese Schrauben mit der Teilenummer N000931012186 (aktuell ca. 14,80€ / Stück brutto) und erhält die Aussage von MB, dies seien Dehnschrauben. Grosse Verwirrung! Nach Überlegung und gesundem Menschenverstand wurde entschieden: Das sind keine Dehnschrauben und diese werden ohne Streckgrenze angezogen. Man hätte demnach auch die alten einfach wiederverwenden können.

Die Kurbelwellenlagerböcke haben aber noch an Zylinder 2 zwei Spezialschrauben mit der Teilenummer A1020110171, die wesentlich aufwändiger sind und ulkigerweise 5,28€ / Stück brutto kosten. Diese wurden aber anscheinend geändert und folglich auch das Halteblech, die Schrauben passen jedenfalls nicht. Da es sich aber auch hier nicht um Dehnschrauben handelt, wurden die alten wiederverwendet.

Aufarbeitung

Nicht mehr lieferbare Teile und der Rumpfmotor wurden aufgearbeitet:

Schrauben

Alle Schrauben wurden neu galvanisiert, das hat leider 4 Wochen gedauert (Schröder Galvanik Berlin). Ergebnis ist überragend, wenn auch nicht ganz billig.

Schwungrad

Zündverteiler

Dichtungen

Nicht mehr lieferbare Dichtungen wurden mit Dichtungspapier und Schere erstellt:

Rumpfmotor

So präsentiert sich Ende Juli der Motor auf dem Wege der Besserung 🙂